Sonntag, 11. September 2016

Da reitet sie hin...



Ich schrob es neulich schon jemand anderem: dass dieser Sommer kein Ende zu finden scheint, liegt ganz allein an mir. Weil immer wenn ich in den Stall fahre, wird es glutheiß. Es kann den ganzen Tag geregnet haben, geschüttet wie aus Eimern, ich biege auf den Hof ein und die Sonne bricht durch. Es handelt sich um eine Kausalkette, deren Sinn ich nicht verstehe, denn alle höheren Mächte wissen, dass ich das nicht möchte.

Bisherige Hitzeperioden sind allerdings ein Klacks gegen das, was ich jetzt durchmachen muss. Letzte Woche saß ich in praller Sonne 75 Minuten auf dem Pferd. Ich weiß gar nicht, ob ich mich überhaupt jemals 75 Minuten in praller Sonne aufgehalten habe, aber was ich genau weiß, ich war dabei niemals in Stiefel, Handschuhe und Helm gekleidet. Bis auf den Helm habe ich das ja schon alles an, wenn ich das Pferd putze. Das ist ungefähr so anstrengend wie staubsaugen unterm Bett, nur halt in Winterklamotten bei 30 Grad.

Am Wochenende fahre ich manchmal hin, um mit dem Pferd spazieren zu gehen. Das ist auch nicht easy going, weil es am liebsten direkt hinter mir her, mit seiner Schnauze an meinem Rücken, hertrottet. Das ist aber zu gefährlich, weil, falls es durchgehen möchte, stehe ich im Weg, worauf es dann keine Rücksicht mehr nehmen kann. 

Also muss es neben mir gehen, damit ich es beobachten kann. Allerdings auch nicht zu dicht, aber das macht es gerne, es drängelt, aber nicht, weil es mich so gerne hat (wie überhaupt Pferde nichts tun, weil sie uns gerne haben. Sie haben uns grundsätzlich nicht gern - sie wollen einfach nur chillen), sondern weil es irgendwo ein Mohrrüben-Reservoir bei mir vermutet. Schubse ich es dann von mir weg, sieht es Gras auf der anderen Seite, will futtern, bleibt stehen, ich sage, nein, jetzt nicht - ach, ein einziges Nähe-Distanz-Spiel. 

Nach der reinen Lehre muss ich immer der Sieger sein, sonst fühlt es nicht kommod. Wenn es schon nicht mehr in der Nähe anderer Pferde sein darf, dann ist zwar ein Mensch besser als nichts, aber der muss die Sicherheit einer Leitstute ausstrahlen.

Heute in Begleitung der Tochter einer Freundin, eine erfahrene Reiterin mit ihren 13 Jahren. Da habe ich mich gleich viel besser gefühlt und mich sogar in den Wald getraut. 

Wald ist Horror pur, überall Bäume, gegen die man rempeln könnte oder Rehe, die aus dem Unterholz gehüpft kommen und dann erschrickt es und fällt in Ermangelung eines Fluchtweges gleich auf mich drauf. So oder ähnlich dachte mein Unterbewusstsein und ins Bewusstsein drängelte sich diese apokalyptische Denkweise mit einem mittelleichten Kreislaufkollaps. Auf einmal wurde mir flau, kotzübel und die Beine zitterten. 

Ich übergab das Pferd dem Kind und stolperte aus dem Wald hinaus, wo es auch nicht besser wurde, denn da erwartete mich wieder gleißende Sonne von vorn. Und wir waren noch so weit vom Stall entfernt. Ich musste meine ganze Kraft zusammennehmen, um nicht an Ort und Stelle zu sterben, ich hatte ja eine Verantwortung für das Mädchen und wollte es nicht unnötig traumatisieren. Als wir wieder auf dem Hof ankamen, war ich spontan geheilt.  

Bei 20 Grad und bewölktem Himmel wär das nicht passiert und so freue ich mich doch ein bisschen auf kühlere Temperaturen, obwohl ich ihn ansonsten sagenhaft finde, diesen Sommer, der kein Ende finden will. 


8 Kommentare:

  1. Gott will, dass du dir ein Moped kaufst.

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  2. Man merkt es Deinen Pferde-Posts an wie Du hin- und hergerissen bist zwischen Pferderomantik und stetiger Furcht vor der Explosion dieser 1000-Kilo-Fleischbombe. Das wird wohl nix, da muss man schon verwegener Draufgänger sein um die Gefahren ignorieren zu können.

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  3. Genau so isses bei mir auch! Ein kleiner Wermutstropfen: mit sinkenden Temperaturen kommen Wind, fliegende Papiertüten, sich biegende Äste, heulende Geräusche,... Seufz.

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  4. ...und wenn du dann drunterliegst unter der "1000-Kilo-Fleischbombe", kannste nicht mal einen Rettungswagen rufen, weil so ein scheiß Wald obendrein ein einziges Funkloch ist...

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