Montag, 5. Januar 2015

My office is my castle


Der erste Tag im eigenen Büro. Eine Wonne. Am letzten Tag vor dem Urlaub wurde mir mitgeteilt, dass meinem Mähen und Krähen Rechnung getragen wird und ich endlich meine eigene Butze bekomme. Mich hat es am Wochenende gejuckt, schon mal hinzufahren, um alles einzuräumen, aber ich riss mich zusammen. Man sollte nur gegen Bezahlung räumen.

Das Büro ist klein, hat aber sogar einen Besprechungstisch und zwei Besucherstühle. Nie wieder geparkte Praktikanten oder Auszubildende. Man kann sagen, ich hab's geschafft. Mehr ist nicht drin. Meine eigene kleine Zelle. Eine Tür und die bleibt zu. Stille. Herrlich.

Ich war so beschäftigt mit einräumen und dem Chaos nach 14 Tagen Urlaub, dass ich nicht mal mein Handy aus der Tasche holte, geschweige denn hier oder anderswo linste, ob sich was tut. Eine Arbeitnehmerin, wie sie im Buche steht. Ein beglücktes, hochkonzentriertes Rädchen im Getriebe. 10 Stunden durchgearbeitet, ganz unangestrengt. Gebt Mitarbeitern, was sie sich wünschen und sie arbeiten sich freiwillig tot.

Kenne Leute, die wären kreuzunglücklich, wenn sie alleine sitzen müssten. Versteh ich nicht.

Eine Freundin von mir leidet entsetzlich, weil sie mit einem Kollegen in einem Zimmer sitzt, der außer "Guten Morgen" und "Tschüss" kein Wort mit ihr spricht. Schweigen halte ich für Königsklasse, aber ich sehe ein, dass es ein angenehmes Schweigen sein sollte, von beiden gewollt, damit man sich wohl fühlt. Ich nehme an, dass sein Schweigen sehr beredt ist. "Schwall mich nicht zu, mich interessiert nix von dem, was du erzählen willst." Das will niemand hören, nonverbal schon gar nicht. Sie hatte die Wahl: ein eigenes Büro oder mit ihm. Freudig begab sie sich an seine Seite. Von da an ging's bergab.


Es ist fabelhaft, dass ich keine Tür mehr im Rücken habe, keine links von mir und keine vor mir. Das ist besser als ein Stressless-Sessel. Wird man gemütskrank von, wenn sich jederzeit eine Horde Kollegen von allen Seiten in den Raum ergießt, weil es als das "Zimmer der Begegnung" auserkoren wurde. Jetzt sitze ich in einer beschaulichen kleinen Sackgasse, in der niemand in meinem Rücken herumkreucht.

Aber ich fange an, mich zu wiederholen. Es dürfte wohl auch dem Letzten klar geworden sein, dass ich neben geselligen und geschwätzigen Persönlichkeitsanteilen auch autis... Quatsch, fang ich mal nicht an zu pathologisieren.

Zum Schluss ein Buchtipp gegen den grassierenden Selbstoptimierungswahn:
Rebecca Niazi-Shahabi "Ich bleib so scheiße wie ich bin"
Wunderbar klug geschrieben. Kein dämlicher Ratgeber. Einfach nur gut.

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