Sonntag, 8. März 2015

1 a Mädchennummer

Es gibt Zeiten im Leben einer Frau, da sieht sie immer gut aus. Frisch verliebt und frisch gevögelt, dazu eine hübsch anmutende Auszehrung im Gesicht, weil sie nichts mehr essen kann vor lauter Glück.

Und dann gibt es andere Zeiten. Ein langer grauer Winter hat mir einigen Liebreiz genommen, dafür skandalöse 4 Kilo mehr auf der Waage gebracht. Ja, es war der Winter und das Wetter; ich war das nicht.

Heute bin ich auf eine Motto-Party geladen. Das Motto ist ganz einfach: GRÜN.

Wer kommt auf so etwas? Grün. Was habe ich gesucht nach etwas tragbarem in grün. Grün steht mir nicht. Grün überträgt sich bei mir auf alles, die Gesichtsfarbe, die Haare, die was-weiß-ich.

Apropos Haare. Ich war bei Tina, meiner meisterhaft kopfmassierenden Friseurin. Während ich so liege, wurde ich wagemutig: "Tina, föhnste mir heute die Haare?" Weil ich auch einfach nicht aus meiner Bad-Hair-Day-Phase rauskomme. Und obwohl ich jedes Mal, wenn ich mich den Föhnkünsten einer Friseurin überließ, meiner Würde beraubt den Laden verließ, machte ich heute einen neuen Versuch. Ich hab nichts grünes, also müssen es die Haare richten.

Ich erklärte ihr genau, was ich haben möchte, sie machte etwas völlig anderes. Geschenkt. So sind Friseurinnen. Ich erwarte gar nichts anderes. Als ich vor Jahren mal für eine Hochzeit eine schlichte Grace Kelly Banane haben wollte, ondulierte man mich zu Imelda Marcos. Man kennt das. Aber heute war's gar nicht soo schlimm. Ein längerer Mittagsschlaf gab dem Ganzen eine  um-meine-Haare-kümmer-ich-mich-nie-die-fallen-einfach-so-Attitüde. Jetzt noch gütiges Licht in der Bar und der Tag wird doch noch mein Freund. Ich werde behaupten, meine Klamotte sei dernier cri, schwarz-grün.

Ein paar Stunden später

Eine Freundin überließ mir für den Abend ihr Auto, dafür sei sie gepriesen. Leider ging was schief. Ich musste noch rasch das Geschenk besorgen und parkte etwas zu forsch ein. Ich stuppste gegen das Auto hinter mir. Kann passieren, ich war in Eile.

Ich fuhr rasch wieder einen Meter nach vorne, stieg aus und wurde überrannt von zwei  Pärchen mit Migrationshintergrund. Das war nämlich deren Mercedes, den ich berührt hatte. Ich sah meine Felle davonschwimmen, denn die beiden wunderschönen Mädchen kroschen sich sofort in Rage, befühlten die Motorhaube und diagnostizierten einen Totalschaden. Ich bekam die kalte Wut, denn natürlich sah man an beiden Wagen nichts, nada, niente. Aber dann muss man ja klug reagieren. 

Im Bruchteil einer Sekunde entschied ich mich für die Mädchennummer und war echt froh, dass Tina mich so vorteilhaft zurechtgeföhnt hatte. In meinem Alter eine Mädchennummer hinzulegen, geht wirklich nur noch bei sehr günstigem Licht, Gottseidank war es schon dunkel.

Ich berührte vertrauensvoll den Arm des Autobesitzers, ein ebenso schöner junger Mann, und stellte mich saudoof. "Oh, das tut mir so leid, wie konnte mir das nur passieren, wie dumm. Ich bin ganz unglücklich, aber es ist doch nichts kaputt gegangen? Wissen Sie, den ganzen Tag geht mir alles schief, was ich auch anfasse. Ich könnt heulen." Schuld anerkennen, Reue zeigen, Hilflosigkeit markieren, ein einziger Appell an den Besitzer, in die Rolle des generösen Retters zu wechseln. Meine Sanftheit machte aus seiner Freundin eine unangenehme Xanthippe. Sein Kompagnon insistierte herzlos:

"Knöpf ihr 400 Euro ab und die Sache ist geritzt."  
Ein Wortwechsel auf arabisch folgte.
"Tjaaa", meinte der Schöne, "Man weiß ja nie, was wirklich kaputt gegangen ist."
"Das weiß man nie, wir sind doch aber zwei vernünftige Menschen und wissen, dass bei sowas nie irgendwas kaputt geht. Wie denn auch? Ich habe ihn doch nur leicht beim zurücksetzen berührt."
"Aber Sie haben ihn berührt, ich hab's gesehen."
"Sag ich doch, habe ich, und Sie haben's selbst gesehen. Aber wenn Sie sich so unsicher sind, was ich verstehen kann, holen wir jetzt am besten die Polizei."
Stille.
"Nee, das muss nicht sein. Am besten geben Sie mir Ihre Handynummer und ich fahr am Montag in die Werkstatt und ruf Sie an, wenn was ist."
"Sind Sie sich ganz sicher?"
"Schon okay, Wenn Sie nichts mehr von mir hören, dann war auch nichts."
Dann drückte er mir fest und freundlich die Hand. "Hoffentlich ist Ihre Pechsträhne für heute beendet."
Mit meinem unschuldigsten Augenaufschlag lächelte ich ihn dankbar an. 


Der Winter war doch nicht ganz so zerstörerisch, wie angenommen. Aber man soll den Abend nicht vor dem Montag loben....

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