Sonntag, 31. Mai 2015

Unter jedem Dach ein Ach

Von Chinesen kann man lernen. Ingwer und eine Birne in zwei Liter Wasser schnippeln, eine Stunde leise köcheln lassen, über den Tag verteilt trinken, danach ist man geheilt. Sagt meine Nichte, die ich beim Familienfrühstück sehe.

Die "Erste Abwehr" hat mir zwei Tage Halsschmerzen erspart, wofür ich mich in aller Form bedanke bei der Pharmaindustrie, weil die zwei Halsschmerztage und -nächte immer am schlimmsten sind.

Ich kauf mir die Wundermittel, lass es köcheln, trink es und bin nach einer Stunde vollständig genesen. Keine Gliederschmerzen, keine Mattigkeit. Ich bin begeistert.

Begeisterung kennt keine Grenzen, als ich noch schnell zu Video World fahr und "House of Cards" Staffel 2 zu haben ist. Ich will mich damit von Krankheit und Siechtum ablenken, was nach dem Zaubertrank nicht mehr nötig ist, aber das konnte ich nicht wissen, um so besser, Kevin Spacey bei bester Gesundheit. Dachte ich. 

Schieb die DVD rein, loading, loading, loading. "Bad Disc". Bring die zurück, tausch sie um, dasselbe Spiel. Versuche andere DVDs. Alle "Bad Disc". Im Arsch das Ding. Da nehm ich mir einmal eine Grippe induzierte DVD Nacht vor und das Ding streikt. In der Folge nur konsequent, ich war ja geheilt, wenn auch genervt. Für alles kann das Universum nicht sorgen.

Wache um 2 Uhr bei laufender Glotze und Festbeleuchtung auf, taumel ins Bett und bin das nächste Mal um 5 Uhr wach. Mein erster Gang ist immer auf den Balkon. Vogelgezwitscher, Sonne, taufrische Kälte. Alles schläft. Kommt in dem Moment mein Nachbar auf dem Fahrrad nach Hause.

"Wo kommst du denn her?"
"Ich komm nach Hause und du stehst auf dem Balkon? Ist ja irre." 
"Ein Zeichen. Oder senile Bettflucht, such dir was aus."

Er steigt vom Rad ab und lehnt sich erschöpft an den Zaun.

"Alles okay bei dir?"
"Noch. Ich hab mich verfahren. Komme aus Großbeeren, Fußball geguckt, hab mich verirrt, Handy Akku alle, dachte, ich finde nie wieder aus dem Wald, der Horror, war ja dunkel."
"Herrje, aber ich bin nicht diejenige, der du diese Geschichte verkaufen musst. Viel Glück dabei."

Er lacht und zieht eine Grimasse. Ich geh frühstücken und leg mich wieder ins Bett. Dann höre ich, wie jemand einen Koffer über den Waschbeton zieht. Zurück kommt, ein zweiter Koffer verlässt das Haus. Oh jee...Offenbar hat sie ihm nicht geglaubt. Männern, die zu gut aussehen und zu charmant sind, glaubt man das nicht. Das ist ihr Schicksal. 

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