Montag, 26. Februar 2018

Auch eine kaputte Uhr zeigt zweimal am Tag die richtige Zeit an (Tony Soprano)

Nachdem ich mich in der vorletzten Woche schon in Sachen Kultur auf den Weg gemacht hatte und mir völlig übermüdet auf einem Berlinale Empfang die Beine in den Bauch stand, ging es letzte Woche erfreulich spektakulär weiter.

Auf dem Weg ins Büro rief eine Freundin an, sie brauche dringend am Abend eine Begleitung in die Philharmonie. Sir Simon Rattle dirigiert und Daniel Barenboim spielt Klavier. Nein, sagte ich, sag bloß, es spielen die Berliner Philharmoniker? Ich sagte sofort zu, obwohl ich mich ja kenne: Morgens sage ich alles zu und am frühen Abend frage ich mich "Wie konntest du nur?"

Ich geh ja für mein Leben gerne in die Philharmonie, nicht weil ich so einen erlesenen Musikgeschmack oder von irgendwas eine Ahnung hätte, aber ich lass mich halt gerne ergreifen. Die Philharmoniker habe ich erst zweimal gehört und jedes Mal schauerte es mir den Rücken rauf und runter, aber auf eine gute Art.

Hab keine Ahnung, was die machen und wie sie es machen, aber selbst so eine Landpomeranze wie ich merkt den Unterschied. Vor allem, wenn viel Blech dabei ist und es sehr laut wird, bleibt einem das Herz stehen. Und wenn sie leise sind, dann fühle ich mich, als läge ich in einer wogenden Blumenwiese; ach was: ich bin die Blumenwiese!

Erst Dvořák und seine Slawischen Tänze, recht leichte Kost und zu Herzen gehend vor allem die unfassbar freundliche Ausstrahlung von Simon Rattle. Und dann Bela Bartók, Klavierkonzert Nr. 1, Auftritt Barenboim. Huch, dachte ich, der spielt ja was ganz anderes als das Orchester. Eigentlich spielte jeder Musiker was ganz anderes. Ich war ratlos. Jetzt seh ich einmal den Barenboim und dann sowas. Wikipedia schreibt "...vermied allerdings jegliche Verknüpfung mit dem Stil und der Ästhetik des romantischen Klavierkonzerts", ich hätt's nicht schöner schreiben können.

Zum Trost spielte er als Zugabe etwas von Debussy und da musste ich natürlich weinen, so überirdisch war das. 

Dann Janáček, den ich nicht kannte, der in dem 5. Stück seiner Sinfonetta op. 60 einen Schluss komponierte, der nix für schwache Nerven ist. Mir blieb die Luft weg und heulen musste ich auch schon wieder. Es hustete auch niemand wie sonst, wenn es still wird, es wurde nur hörbar und kollektiv laut ausgeatmet. Pfffffhhhh. 

Ich zupfte mir die Blumen aus den Haaren und fuhr glücklich heim. 

Am Wochenende ging es kulturell ebenfalls hoch her. Die Dezemberaffaire kam am Samstag zu mir, Serien gucken. Wir entschieden uns für die Sopranos; die hatten wir zwar schon gesehen, aber das ist ja auch schon wieder Jahre her. 

Um 17 Uhr lagen wir auf dem Sofa, erneut beglückwünschte ich mich zu diesem Trumm, auf dem bequem zwei Menschen liegen können, ohne sich ins Gehege zu kommen. Gegen 22 Uhr beschloss sie, bei mir zu übernachten. Nach dem Frühstück am Sonntag fanden wir nicht die rechte Energie für's Duschen und anziehen, also schleppten wir uns im Schlafanzug gleich wieder auf die Couch und gegen 16 Uhr meinte sie "Ich glaub, ich schlaf heute auch noch bei dir." 

Wir versündigten uns am Wetter, denn draußen schien die Sonne. Die Nachbarin kam rüber, um uns zum spazierengehen im Wald zu überreden. Sie brachte eisige Kälte mit rein. Wir winkten ab, wir waren gefangen in mafiösen Strukturen und außerdem hätten wir uns dann anziehen müssen. Ich bekam zwar zwischendurch Angst, dass wir eine Thrombose bekommen, aber das Risiko ging ich ein. Später rief die Auftragsmörderin an, ob wir nicht nach Kreuzberg kommen wollen, zum Doko spielen. Aber ich hatte erst am Freitag bis drei Uhr morgens gespielt und Christopher Moltisanti stieg gerade ins Filmgeschäft ein.

Leider musste ich um Mitternacht ins Bett, wegen eines frühen Termins heute. Wir haben es bis zur 2. Staffel, Folge 8 geschafft und nachts träumte ich von Tony Soprano. 

Ein wunderbares Wochenende.


4 Kommentare:

  1. Hach, so schön geschildert...danke fürs teilhaben lassen!
    Lg magenta

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  2. Ich hab die Sopranos bis heute nicht zu Ende gesehen, ich glaub, die letzten beiden Staffeln kenne ich gar nicht. Mit anderen Worten: ich freu mich jetzt schon auf die Wochenenden, die da kommen irgendwann, auf die Thrombose, den dämlichen Christopher und Episoden wie "WER IST DIE RATTE??"

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    1. Da hast du ja noch was richtig erfreuliches für's Alter aufgespart ;))

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